Und jetzt erzählen wir mal, wie das alles begann …
1995
Die Idee
Anfang 1995 leitete Gerlinde Schulte-Eversum den ökumenischen Kirchenchor in
Blomberg. Zwei Soprane dieses Chores, Regina Fritzemeier und Heike Retzlaff,
hatten die Idee, dem Blomberger Publikum auch mit weltliche Musik
gegenüberzutreten, angeregt durch Gerlindes Mitgliedschaft im Vocalensemble
Erwitte, ebenfalls ein Chor, der auch Popmusik im Programm hatte.
Das Konzert
Um die 13 Gründungsmitglieder – in diesem Fall also keine Unglückszahl –
scharten sich bald weitere Mitstreiter, sodass schon für den September
desselben Jahres ein erstes Konzert in Angriff genommen werden konnte.
Gerlinde übernahm die Leitung, am Klavier begleitete Uli Retzlaff. „Neue
Töne“ war der ambitionierte Titel des Konzerts.
Am 24. September war es dann soweit, mit zitternden Knien standen oder saßen
wir auf der Bühne des Bürgerhauses – unserer „Heimspiel“stätte bis heute –
und präsentierten eine abwechslungsreiche Mischung aus Altem und Neuen:
Schlager, Musicalhits und Spirituals aber auch – im Arrangement der
Vogelhochzeit - ganz „alte“ Sachen aus dem Mittelalter und der Klassik. Der
Auftritt war ein großer Erfolg und allen war sofort klar: es geht weiter.
Das erste Programm
Acht Soprane, neun Alte, sechs Tenöre und drei Bässe verfolgten die Wandlung
der Vogelhochzeit durch acht Jahrhunderte Musikgeschichte, dann erklangen
zwei irische Melodien a capella. Ein paar Klassiker aus den 1920ger bis
1960ger Jahre schlossen sich an: Ich hab' am Anzug viele Taschen, Somewhere
over the Rainbow, Yesterday und die gute Barbara Ann von den Beach Boys,
lange Jahre unsere Standardzugabe.
Nach der Pause gingen wir auf Musicals los: wir sangen One Hand one Heart
aus der West Side Story, Cabaret aus … äh, keine Ahnung, wie hieß das noch
gleich ... und The Music of the Night aus dem Phantom der Oper. Dann folgten
4 Spirituals; wie man sieht herrschte zu dieser Zeit also noch Ordnung im
Programm. Den Abschluss bildete das unvergessene Dat Wasser von Kölle von
den Bläck Fööss, Gerd Franke sorgte dabei mit dem Schlusston in den tiefsten
Tiefen des menschenmöglichen Stimmeinsatzes für Furore.
Uli musste – um das Programm etwas zu strecken – in der Mitte jeder Halbzeit
allein in die Tasten greifen.
1996
Goin' on
Beflügelt vom Erfolg nahmen wir sofort die nächsten (jawohl „die“, denn es
sollten jetzt zwei werden) Konzerte im Juni 1996 in Angriff, wobei allen
klar war, dass es ein komplett neues Programm geben würde (ok, ok, One Hand,
one Heart hatten wir schon 1995 gesungen, aber es gehörte in den West Side
Story-Block einfach 'rein). Es gab also viel zu üben. Der Chor hatte sich
inzwischen etwas vergrößert, der Bass sogar verdoppelt, was dem Gesamtklang
sehr zugute kam. Die Konzerte fanden am 8. und 16. Juni statt, wieder im
Bürgerhaus. Und man darf in aller Bescheidenheit sagen: ein voller Erfolg.
Das Programm
Vor der Pause kämpfte sich der Chor – bis auf das irisch angehauchte A
Red,Red Rose von Daniel Burton durch verschieden Musicals: The Sound of
Music, West Side Story, Porgy and Bess und Cats, daraus das unvermeidliche
Memory. Uli musste nochmal an den Tasten ran, es gab aber auch das erste
„Solo“ - ein später sehr ausgiebig und erfolgreich eingebauter Programmpunkt
-, allerdings hier noch kaum als solches zu erkennen, da sage und schreibe
acht Mann/Frau aufgeboten werden mussten, um sich allein (!?) an die Rampe
zu trauen. Da der Mut zum „Solo“singen trotzdem noch nicht reichte, musste
ein Sprech-(jawohl: er wurde gesprochen)Walzer von Ernst Toch herhalten.
Die zweite Halbzeit eröffneten wir mit einer Art Barock auf Jazz. Swing and
Sing – so auch der Titel des Konzerts – nannten sich drei kurze Arrangements
von Werner Fussan. Nach Blackbird von den Beatles (featuring Ursel an der
Querflöte) musste nochmal Uli überleiten, danach wurd's deutsch(sprachig):
auf Wochenend und Sonnenschein aus den 1920ern von den Comedian Harmonists
folgte Millionär von den Prinzen und bevor die Männer inbrünstig bettelten
Laß mich dein Badewasser schlürfen zeigte Gerlinde, dass sie nicht nur dem
Chor, sondern auch einer Klarinette saubere Töne entlocken kann (wo liegt da
die Gemeinsamkeit?, hoffentlich nicht im Hölzernen). Nach einem weiteren
kurzen Arrangement von Werner Fussan durften wir nach jeweils zwei Zugaben
die Bühne verlassen.
Und das gab's auch noch
Am 23. 8. 96 nahmen wir – gemeinsamen mit anderen „Klangkörpern“ (welch
schönes Wort) - am Burgfest in Blomberg teil und rückten am 9. 10.
geschlossen in die JVA Detmold ein, hoffentlich nicht zur Strafverschärfung.
1997
Die doppelte Dröhnung
Ein denkwürdiges Jahr, denn 1997 haben wir zwei komplette Konzertprojekte
realisiert: „Get Happy“ im April und „Kraut und Rüben“ im November. In
diesem Tempo ging es aber dann doch nicht weiter, einmal im Jahr hieß die
Devise und so blieb es – bis auf eine Ausnahme – zunächst dabei, die
Projekte im Oktober/November dem Blomberger Publikum vorzustellen.
Get Happy
Die beiden Konzerte fanden am 13. und 18. 4. 97 statt und hatten einen solch
großen Erfolg, dass wir ein Zusatzkonzert nachlegen mussten.
Das Programm
Bis auf den Opening Act There's no Business like Show Business von Irving
Berlin aus Annie Get Your Gun beinhaltete die erste Hälfte nur Spirituals,
wenn man What A Wonderful World auch mal dazurechnen kann - man kann, wie
ich gerade höre -, sogar Uli wagte sich mit seinen beiden Soli auf dieses
Terrain. Neben den üblichen verdächtigen dieses Genres (Nobody knows de
troble I see, Swing low, sweet Chariot, Wade in the Water, Go down Moses)
versuchten wir uns auch an einigen weniger bekannten. In die Pause schickten
wir das Publikum mit When the Saints go marching in und zwar mit Pauken und
Trompeten, hier vertreten durch Gerlindes Klarinette und Kilians Posaune.
Im zweiten Teil gab es eine geballte Ladung Evergreens als Rahmenhandlung (Singin'
in the Rain, Raindrops keep falling on my head, Chanson d'Amour, Oh,
Champs-Elysees und Mister Sandmann), darin eingebettet waren eine Zerstreute
Brillenschlange von Gerlinde, Benjamin und Joost (Diminuendo für einen
Erzähler, einen Klarinettisten und Bordun), die Habanera aus der Oper Carmen
mit Karin und Peter (der diesen Auftritt als Bühnenreinigungsfachkraft
einleitete), das titelgebende Get Happy von Harold Arlen und zwei
eingedeutschte Songs der Beach Boys … tja und nicht zu vergessen: die Männer
mit Mein kleiner grüner Kaktus, perfekt gesungen und choreografiert oder
jedenfalls so ziemlich, der Schluss ging regelmäßig im entfesselten Toben
der Zuschauer unter.
Kraut und Rüben
Der Name ist Programm, die Anarchie im Chor soll auch den Programmablauf
bestimmen, alles soll wie Kraut und Rüben durcheinandergehen … und damit
stand auch der Titel dieses Programms fest, das am 9. und 20. 11. 97 über
die Rampe ging.
Programm
Immer noch bildeten internationale Evergreens das Rückgrat des Programms,
dafür stehen Titel wie Autumn Leaves, Ghost Riders in the Sky, I got Rhythm,
Chim chim cher-ee, Chattanooga Choo choo und Love Story aus dem
gleichnamigen Film, es war aber nicht zu übersehen, dass die ganz großen
Hits jetzt langsam aufgebraucht waren. In der ersten Hälfte ließen dazu noch
die Beatles (The Fool on the Hill), A. L. Webber (Jesus Christ Superstar und
Don't cry for me Argentina) und die US-amerikanische Folkszene (mit We shall
overcome von Pete Seeger und This Land is your Land von Woody Guthrie) von
sich hören, dem Publikum wurde stimmlich und instrumental der Pythagoreische
Lehrsatz näher gebracht und Uli fand mit Benjamin am Bass einen kongenialen
Begleiter.
Nach der Pause hatten die Stimmführer (toller Name) einen Doppelauftritt:
Try to remember war noch ernst gemeint, Old Mac Donald farms with Brahms
nicht ganz so. Mit den Singing Frogs hielt auch die Muppet Show Einzug ins
Programm und kurz vor Schluss musste Pieter das Kreuz seiner
niederländischen Herkunft auf sich nehmen und brachte - stimmlich und im
Outfit perfekt eingestellt - als Ersatz-Heintje besonders mit seiner
Mama-Version das Publikum zum Kochen. Mit Grönemeiers Männer in der genial
trockenen Version der Bläck Fööss schloss der Chor das Programm sauber ab.
Mehr war nich 97?
Aber doch!, am 25.1. zog es uns erstmals nach Barntrup, die Historiker
streiten noch, was es mit diesem Auftritt auf sich hatte, der ein
Pickertessen, das Wasser von Barntrup und einen Vortrag über Agrartechnik
miteinander in Verbindung zu bringen hatte, immerhin war dort damit die
erste Duftmarke gesetzt, der gemeine Barntruper ahnte noch nichts böses, war
aber schon fest in unserer Hand.
tbc
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